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Nachrichtenarchiv

2020

Drei Fragen an die Gründungsdekanin

© privat

Herzlichen Glückwunsch zur neuen Aufgabe, Frau Burzan: Sie sind „frischgebackene“ Dekanin der neuen Fakultät Sozial­wissen­schaften. Wie wurde die Gründung der siebzehnten Fakultät in Zeiten möglich, in denen Stu­die­ren­de die Gebäude der TU Dort­mund nicht betreten dürfen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Uni­ver­si­tät weitestgehend im Homeoffice arbeiten oder in Bereitschaft stehen?

Das Rektorat hat die Idee zur Fakultätsgründung im Oktober 2019 vorgestellt und dann Ende Januar 2020 beschlossen. So hatten wir bis zur offiziellen Gründung eine gewisse Zeitspanne, in der die beteiligten Pro­fesso­rin­nen und Professoren bei einer Klausurtagung bereits erste Ideen entwickelt haben, etwa zum geplanten Studiengang Soziologie, zu den neuen Professuren und vielem anderen. Unsere Arbeitsgruppen können nun auch auf digitalen Wegen weiterarbeiten. Zudem gibt es eine Gruppe in der Verwaltung, die die Fakultätsgründung gerade in diesen schwierigen Zeiten sehr gut unterstützt.

Solange es noch keinen Fakultätsrat gibt, sind es viele Beteiligte verschiedener Bereiche, die nun erste Dinge mit auf den Weg bringen. Den Fakultätsrat wählen wir wie alle anderen Fakultäten im Juni. Wir haben bereits ein Fakultätslogo entwickelt, das auch auf unserer neuen Homepage zu sehen ist. Und so machen wir weiter, bis wir möglichst bald eine „normale“ Fakultät mit gewählten Gremien sind – sofern man momentan von Normalität sprechen kann. Die Lehre bieten wir im Sommer­semester in den Studiengängen an, in die wir auch bisher integriert sind; und mit den Studierenden werden wir voraus­sicht­lich erst einmal in digitaler Form Kontakt aufnehmen.

Was zeichnet die neue Fakultät aus?

In der neuen Fakultät sind zum einen soziologische Gebiete zusammengefasst, die gemeinsam mit der traditionsreichen Sozial­forschungs­stelle sfs eine große Bandbreite der Analyse und Reflexion zentraler Felder ge­sell­schaft­li­chen Wandels abdecken. Da geht es beispielsweise um Aspekte von Arbeit, Technik und sozialer Innovation, aber auch um das Leben in alternden Gesellschaften im Kontext komplexer sozialer Ungleichheiten – je nach Schichtzugehörigkeit, Geschlecht und ethnischer Herkunft. Solche Themen bieten die Möglichkeit, sowohl grundsätzlichere Phänomene in den Blick zu nehmen – etwa welche Bedingungen und Auswirkungen digitalisierte Arbeit hat – als auch ganz aktuelle Fragen zu untersuchen. Konkretes The­ma ist etwa, wie ältere Men­schen mit der Kontaktbeschränkung durch die Virengefahr umgehen. Dabei bietet die Fakultät nicht nur eine große Bandbreite an Themen, sondern auch an theoretischen und methodischen Zugängen, was sicherlich ein klares Profilmerkmal der Fakultät darstellt.

Zum anderen gehören drei Professuren des Instituts für Didaktik integrativer Fächer zur Fakultät, die u.a. die Expertise für die sozialwissenschaftlichen Lehramtsstudiengänge bereitstellen. Zusammen sind wir bereits jetzt forschungsstark und versprechen uns vom Zusammenschluss als Fakultät, wei­tere Potenziale zu erschließen und unsere Sichtbarkeit als Standort zu steigern.

Welche Perspektiven sehen Sie für die Fakultät?

Eine Perspektive betrifft die Nachwuchsförderung: Mit einem zusätzlichen grundständigen Studiengang Soziologie können wir die For­schung und Lehre noch besser verzahnen. Wir können ein interessantes Studienangebot mit inter­natio­nalen Elementen bieten und so auch den wis­sen­schaft­lichen Nachwuchs besser fördern.

Andere Perspektiven richten sich natürlich auf die For­schung. Die Soziologie – für die ich als Soziologin hier beispielhaft am besten sprechen kann – ist eine Reflexionswissenschaft. Sie erforscht nicht nur kurzfristige Lö­sun­gen für gesellschaftliche Probleme, sondern tritt einen Schritt zurück und denkt darüber nach, welche Wertvorstellungen oder Machtverhältnisse beispielsweise mit bestimmten Prozessen, Strategien und Handlungsweisen verbunden sind. Diese können sich etwa auf Migration oder den Klimawandel beziehen. Dieses Reflexionswissen wird immer wichtiger - in der Gesell­schaft, aber auch in interdisziplinären Forschungszusammenhängen. Wir werden den Fakultätsstatus dazu nutzen, unsere Stärke in diesen Forschungsbereichen sichtbarer zu machen. Neben bestehenden Kooperationen werden wir intern, in der Region, aber auch in­ter­na­tio­nal mit neuen Partnern zu­sam­men­ar­bei­ten.

Zur Person

Prof. Nicole Burzan wurde 2007 an die TU Dort­mund berufen. Sie hat die Professur Soziologie mit dem Schwerpunkt soziale Ungleichheiten inne. Zuvor war sie an der FernUniversität in Hagen als wis­sen­schaft­licheMitarbeiterin und Juniorprofessorin tätig. Schwer­punkte ihrer Arbeit an der TU Dort­mund sind soziale Ungleichheiten aus einer kultursoziologischen Perspektive (z.B. Statusreproduktion in der Mittelschicht, Ungleichheitsaspekte in Museen, Zeitsoziologie) sowie Methodenverknüpfungen in der empirischen For­schung. Von 2017 bis 2019 war sie Vorsitzende der Deutschen Gesell­schaft für Soziologie (DGS). Seit April 2020 ist sie Gründungsdekanin der neuen Fakultät Sozial­wissen­schaften an der TU Dortmund.