Hanna Wilmes hat Erziehungswissenschaft (BA, Universität zu Köln) und Alternde Gesellschaften (MA, TU Dortmund) studiert und als studentische/wissenschaftliche Hilfskraft in verschiedenen Projekten im Bereich der Alter(n)sforschung gearbeitet. Ihr Forschungsinteresse gilt vor allem der Alters- und Geschlechterforschung, Queer Ageing, Bi+sexualität sowie der Materiellen Gerontologie und den Neuen Materialismen.
In ihrer Dissertation befasst sie sich mit der (Un-)Sichtbarkeit von bisexuellen Personen im Alter. Ziel ist es, eine gesellschaftlich häufig unsichtbare, aber gleichzeitig wachsende Gruppe zu betrachten, um die Mechanismen zu verstehen, die sie als solche positionieren. Parallel verlaufende theoretische und methodische Diskurse der Alter(n)sforschung und Bisexual Studies sollen zusammengeführt und durch einen neomaterialistischen Forschungsansatz weitergedacht werden.
Kontakt: hanna.wilmes@tu-dortmund.de
Neomaterialistische Perspektiven auf die (Re)produktion von Ungleichheiten im Lebenslauf älterer bisexueller Menschen
Das Promotionsprojekt untersucht, wie Alter(n) und Bisexualität in ihrer Verschränkung Ungleichheiten im Lebenslauf (re-)produzieren können, wie sie sich in unterschiedlichen Kontexten ko-konstituieren sowie die damit verbundenen Chancen auf ein sozial gerechtes Altern für bisexuelle Menschen. Alter und (Bi-)Sexualität als Differenzkategorien sind in ihrem Zusammenspiel häufig von chrononormativen, heteronormativen und/oder monosexuellen Annahmen durchdrungen und gestalten dadurch nicht zuletzt Lebens(ver)läufe. So verorten chrononormative Vorstellungen Alter(n) und vermeintlich alterskodierte Praktiken häufig in ein zeitliches, zumeist heteronormatives Organisationsprinzip, was nicht-heteronormative Lebensentwürfe von LSBTIQ*-Menschen häufig ausblenden und ungleichheitserzeugende Momente im Lebenslauf verkennen kann. Gleichzeitig führen monosexuelle Annahmen dazu, dass Bisexualität als geschlechterübergreifendes Begehren oftmals unsichtbar bleibt (bi-erasure). Bisher ist vergleichsweise wenig über das Zusammenspiel von Alter(n) und Bisexualität und wie die Herstellung und Verschränkung beider Kategorien mit der (Re-)Produktion von Ungleichheiten verwoben sein kann bekannt.
Vor diesem Hintergrund widmet sich das Projekt der Frage, wie und wo Alter(n) und Bisexualität als Differenzkategorien über den Lebenslauf älterer bisexueller Menschen (ir-)relevant und hervorgebracht oder verhindert werden. Entlang neomaterialistischer, posthumanistischer und materiell gerontologischer Ansätze wird untersucht, wie Alter(n) und Bisexualität als Beziehungsgefüge (Assemblagen) von situationsspezifischen Konstitutions- und Grenzziehungsprozessen gekennzeichnet sind. Dabei sollen die vielfältigen menschlichen und mehr-als-menschlichen Akteur_innen (z.B. Körper, Räume, Materialitäten, Institutionen und die daran ansetzenden Diskurse), die an dieser Herstellung beteiligt sind, in den Blick geraten. Unter Berücksichtigung neomaterialistischer methodologischer Überlegungen werden anhand leitfadengestützter Interviews mit autobiografisch-narrativen Elementen (Schütze 1983) und Photo-Elicitation Interviews (Clark-Ibañez 2004) zwei qualitative Erhebungsmethoden kombiniert, die mittels der Situationsanalyse nach Clarke (2013) ausgewertet werden.