2021
Beitrag zum Digitaltag 2021: Wie Politik jetzt die digital Abgehängten erreichen muss
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Beitrag zum Digitaltag 2021: Wie Politik jetzt die digital Abgehängten erreichen muss
Am 18.6. informierte ein Bündnis von zahlreichen Akteur:innen aus Politik, Wissenschaft, Unternehmen und Gesellschaft über Stand und Perspektiven der Digitalisierung. Im Rahmen des „Digitaltag 2021“ wurden mit der Digitalisierung verbundene Sorgen und Ängste, Chancen und Herausforderungen öffentlichkeitswirksam diskutiert. Mit über 2.000 Veranstaltungen bundesweit hatte der Thementag das Ziel, die Menschen in Deutschland auf dem Weg in die Digitalisierung mitzunehmen.
Auch der NDR widmete der Digitalisierung ein Tagesthema und diskutierte mit sfs-Wissenschaftler Dr. Bastian Pelka die Frage, wie die Menschen erreicht werden können, die noch keine Erfahrung mit digitalen Medien haben. Im Interview gab Dr. Pelka der Politik auch Hausaufgaben auf: Digital abseits stehende Menschen müssten an niedrigschwelligen Orten mit geschultem Personal erreicht werden. Dr. Pelka forscht an der Sozialforschungsstelle, Wissenschaftliche Einrichtung der Fakultät Sozialwissenschaften der TU Dortmund, zu den Themen digitale Teilhabe und soziale Innovation.
Interessierte können das Interview hier (Norddeutscher Rundfunk / Jan Krümpel) hören.
Jan Krümpel (NDR): Digitalcheck Deutschland - Wo stehen wir bei der Digitalisierung? Kabel und Glasfaserleitung legen ist die eine Sache bei der Digitalisierung aber die Gesellschaft muss auch mitziehen und darüber habe ich mit dem Sozialwissenschaftler Bastian Pelka von der TU Dortmund gesprochen. Alles, was mit Gesellschaft und Technik zu tun hat, ist sein Fachgebiet. Herr Pelka, warum tut sich Deutschland bei der Digitalisierung so schwer? #00:00:24-0#
Dr. Bastian Pelka: Ich glaube, da sehe ich zwei Gründe. Der eine Grund ist, in Deutschland sehen wir Digitalisierung vornehmlich aus einer technologischen Perspektive: Wir sprechen davon, dass wir Glasfaserkabel verbuddeln wollen, wir sprechen davon, dass wir PCs kaufen wollen. Ich glaube, man könnte die Digitalisierung weiter nach vorne treiben, wenn man sie auch aus einer sozialen Perspektive sieht, also fragt, was wollen wir mit dem Internet? Mit den Tablets? Wir wollen damit lernen, wir wollen damit arbeiten. Der zweite Grund hängt damit eng zusammen: Ich glaube, wir haben bei der Digitalisierung den gleichen Fehler gemacht, den wir bei den Handymasten gemacht haben; wir haben uns zunächst nach den niedrig hängenden Früchten gestreckt, also wir haben die Großstädte angeschlossen und heute noch haben wir jede Menge Funklöcher. Auf die Digitalisierung übertragen heißt das, wir haben zunächst Universitäten und Unternehmen digitalisiert und heute haben wir sehr viele Menschen, die eben das Äquivalent zu den Funklöchern sind, die digital nicht erreicht sind und da müssen wir jetzt einfach mehr Energie und mehr Wissen und auch viel mehr Zeit investieren, um die Funklöcher zu schließen und um die Leute zu erreichen, die digital noch nicht dabei sind. #00:01:26-4#
Jan Krümpel (NDR): Welche Menschen sind das, die bei der Digitalisierung besonders skeptisch sind und woran liegt das? #00:01:31-6#
Dr. Bastian Pelka: Aus den empirischen Studien wissen wir, dass es einerseits ältere Menschen sind, die vom Internet nicht erreicht werden, denen fehlt der Zugang dazu. Darüber hinaus gibt es aber auch noch eine Zielgruppe, die ist zwar im Internet dabei, die haben ein Smartphone dabei zum Beispiel, die haben zuhause ein Tablet aber sind in das Internet nicht in der kompetenten Art und Weise wie viele Ihrer Zuhörer, die zum Beispiel das Digitalhören machen, die daraus Nachrichten ziehen, die weitere Kompetenzen erwerben. Zum anderen haben wir aber auch Zielgruppen von Menschen in Arbeitslosigkeit und Menschen mit Behinderungen, die teilweise auch dezidiert Barrieren erfahren. Sie würden das Internet gerne nutzen, aber sie können das aufgrund von Barrieren nicht. #00:02:10-9#
Jan Krümpel (NDR): Was müssten die Politikerinnen und Politiker also tun, um Skeptiker mitzunehmen? #00:02:15-5#
Dr. Bastian Pelka: Ich glaube wenn wir die Menschen erreichen wollen, die bislang wenig erreicht sind, dann geht das nicht indem man sagt, hier ist ein Video, schaut euch das an, sondern diese Art Menschen muss man an Orten erreichen, ich denke da an Senioreneinrichtungen, ich denke da an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, ich denke aber auch an Schulen, ich denke auch an Kulturzentren, also dort wo Menschen sind, da kann man niedrigschwellig sagen, hier gibt es ein paar tolle digitale Angebote, die wären doch was für dich. Die zweite Hausaufgabe überschreib ich mal mit Fachkräften, wir brauchen sehr viel Weiterbildung von Menschen, die Digitales vermitteln, ohne, dass sie selbst vielleicht Techniker:innen sind. Und das dritte Thema ist eng damit verbunden und ist die ganz hochhängende Frucht: Ich glaube, wir müssen in Deutschland viel in das Thema Weiterbildung zur kompetenten Nutzung von digitalen Medien investieren. #00:02:57-8#
Jan Krümpel (NDR): Wo würden sie denn bei der Digitalisierung sagen, Stopp, das ist jetzt ein Schritt zu weit? #00:03:03-2#
Dr. Bastian Pelka: Wir sind gut beraten, wenn wir bei technologischen Entwicklungen, die sehr nah an den Menschen rangehen, also ins Pflegende, ins Betreuende oder die mit künstlicher Intelligenz zu tun haben, wenn wir dort auch immer ethische Fragen stellen und diese vorher beantworten bevor wir da weitergehen.